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TABU-BLOG – Beitrag #10

TABU-Tagebuch Indien

Willkommen zu #10 des TABU-Tagebuchs zu meiner Indien-Reise

In Beitrag #9 habe ich berichtet, wie ich nach meiner langen Anreise meinen ersten Tag in Jaipur verbracht habe und was ich dabei alles erlebt habe. Solltest du Beitrag #1 bis #9 nicht gelesen haben, empfehle ich dir das noch zu machen, bevor du diesen Blog-Beitrag liest.
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Falls du mich und meine TABU-Themen noch nicht kennst, empfehle ich dir hier und hier nachzulesen, bevor du diesen Blog-Beitrag liest.

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Tabu-Tagebuch Indien #10

Tagebuch zur Reise von München nach Delhi & Jaipur

Reiseziel: 10-Tages Vipassana Meditations-Retreat

Fazit Beitrag #10: Was kannst du hier für dich lernen?

1. Naivität ist in absolut Ordnung. Aber manchmal lohnt es sich vorab genauer nachzufragen, was genau geplant ist und wie der zeitliche Ablauf sein wird.
Indem wir uns vorab informieren, ersparen wir uns nicht nur Enttäuschungen
sondern auch wertvolle Lebenszeit, die wir anders verbringen können als mit Dingen, von denen wir nichts wussten, weil wir uns nicht erkundigt haben.

2. Suchtdruck kann sehr stark sein und wenn er uns einmal vereinnahmt hat, kann es schwierig sein, wieder davon loszulassen.
Aber wir können es schaffen nach einem Rückfall wieder aufzuhören
, wenn wir uns vor Augen halten, was wir dadurch gewinnen:
Die Kontrolle über den restlichen Tag.

3. Unser Suchtverhalten kann sich über die Jahre ziemlich gut eingespielt haben und sehr festgefahren sein.
Aber indem wir das Muster erkennen, machen wir den ersten Schritt
dahin, das Muster zu durchbrechen.
Mir ist heute an zwei Beispielen erstmals richtig bewusst geworden, dass ich bei Reise-Stress-Situationen fast immer Suchtdruck habe und erwarten kann. Das macht es mir möglich, mich auf zukünftige Reise-Situationen vorzubereiten, sowohl organisatorisch als auch mental und emotional.
Das könnte so aussehen:
Mit einem ausgedruckten Flugticket (organisatorisch), einer eingeübten Entspannungsübung (mental) und einem vorbereiteten Audio auf dem Handy (emotional).

4. Suchtverhalten kann sehr vereinnahmend sein. So sehr, dass wir in dieser Zeit nicht fähig sind auf Dinge im Außen zu reagieren und mit Menschen zu interagieren. Damit verpassen wir viele Gelegenheiten, in denen wir Neues erleben, unser Umfeld besser kennenlernen und angenehme Begegnungen mit anderen Menschen haben können.
Indem ich mich heute entschieden habe, mich mit einer anderen jungen Reisenden zusammenzutun und die Zeit bis zu unserem Anschlussflug gemeinsam zu verbringen, habe ich der Essstörung keine Chance gegeben aktiv zu werden.
Und hatte im Gegenzug eine nette und entspanntere Zeit.
Indem wir also der Sucht die Tür vor der Nase schließen, können wir andere Türen zu positiven Erlebnissen öffnen.

Manchmal ist es allerdings so, dass wir zuerst der Sucht die Tür schließen müssen, bevor sich eine andere Tür öffnen kann.
Ich betrachte dies als eine Art „Vorleistung“ bzw. „Vorschuss“ an das Universum.

Beitrag #10 – Tag 12: 3.1.2023 – Weitere Herausforderungen

Mit den Kopfschmerzen des Vorabends wachte ich auf. Sie waren nicht ganz so schlimm wie am Vortag, aber ich hatte mich nicht erholen können, ganz im Gegenteil. Mit meiner ausgedehnten Ess-Brech-Orgie hatte ich alles nur noch schlimmer gemacht. Die Vorwürfe aß ich zum Frühstück zusammen mit meinen Gedanken der Reue und des Selbsthasses. Aber ich hatte gar keine Zeit dafür, ich musste ja meine Abreise organisieren. Also versuchte ich irgendwie am Straßenrand einen Tuktuk-Fahrer zu finden, der mich später zur U-Bahn-Station bringen könnte, von der ich den Airport Express nehmen könnte, mit dem ich am Tag meiner Ankunft gefahren war. Ich fand einen TukTuk-Fahrer, mit dem ich mich für später verabredete.
Er war zuverlässig und kam pünktlich, aber er brachte mich nicht direkt zur U-Bahn-Station. Er sagte mir, dass er mir gern noch etwas zeigen wolle und schließlich fuhren wir bei drei Geschäften vorbei, die von Gewürzen bis zu Dekorationsgegenständen, scheinbar Antikes, über Textilien und andere Souvenirs alles Mögliche verkauften. Ich hatte naiverweise gedacht, der TukTuk-Fahrer würde mir ein paar Sehenswürdigkeiten zeigen wollen und deshalb der Extra-Runde zugestimmt. Selbst schuld! Ich hatte mich nicht genauer informiert. Diese Naivität ist (leider) bezeichnend für mich und ist mir bereits oft zum Nachteil geworden.
Die Souvenirs waren allesamt wunderschöne Sachen, aber bei mir an der falschen Adresse. Ich sagte dem Verkäufer, dass ich nur mit Handgepäck reisen würde, Minimalistin sei und erklärte ihm, dass ich die Falsche für seine Angebote sei. Zum Ansehen ist ja alles schön und gut, aber ich bin niemand, die wahllos irgendwelche Souvenirs verschenkt, von denen ich nicht weiß ob sie gefallen und gebraucht werden. Ich möchte auch nicht, dass andere mir gedankenlos Dinge schenken.
Mein Tuk-Tuk-Driver war anscheinend nicht so „amused“ darüber, dass ich auch aus dem dritten Geschäft ohne Einkäufe kam. Sicherlich hätte er eine Provision erhalten, was für mich vollkommen in Ordnung ist. Aber ich brauchte diese ganzen Sachen einfach nicht. Ich brauchte weder diese Seifen, noch jene Vase, noch diesen Teppich und ich habe das alles nie gebraucht. Im dritten Geschäft sah ich mich schon gar nicht mehr um. Es hätte noch ein Untergeschoss gegeben. Dann fuhr ich zum Flughafen. Dort hatte ich eine kleine Herausforderung. Denn, um in den Flughafen zu gelangen, musste man sein Flugticket vorzeigen. Dieses hatte ich zwar ausgedruckt, aber zunächst ging ich einfach in die App. In die App des Fluganbieters, bei dem ich gebucht hatte, kiwi.com. Dort fand ich zwar das Ticket, es stand ein Datum dabei, aber kein Jahr. Kein Reisejahr. Und deshalb ließ man mich nicht in den Flughafen. Ich suchte ewig in der App, ob irgendwo das Jahr dabei stand, aber es gelang mir nicht. Schließlich suchte ich den Ausdruck des Tickets und der Reiseverbindung heraus, das mir mein Vater netterweise ausgedruckt hatte, denn ich selbst besaß keinen Drucker. Auf diesem stand das volle Datum, der 3.1.2023. Der Sicherheitsmann akzeptierte den Ausdruck und ließ mich in den Flughafen.

In Gesellschaft „hängengeblieben“

Dann zog ich mich zunächst vom ganzen Stress um das Flugticket in eine Sitzecke zurück, aß fast alle Snacks, die mir vom gestrigen Tag übrig geblieben waren. Für meinen Fressanfall hatte ich mir am Flughafen ein paar Sachen gekauft, die nicht allzu teuer waren. Bis zum Boarding hatte ich noch genug Zeit. Dann wurde ich alles auf der Toilette wieder los und hatte der Anspannung Luft gemacht. Ich dachte darüber nach, den Fressanfall noch ein zweites Mal zu wiederholen, fing mich aber wieder indem ich mir dachte: Nein, du musst jetzt langsam gehen, den Sicherheitscheck passieren und du möchtest rechtzeitig zum Boarding!“ Eine gute Entscheidung, denn angesichts meiner Müdigkeit vom Vortag und der Dauer meiner Rückreise musste ich gut mit meinen Kräften haushalten. Mein Rückflug bestand aus drei Etappen, also drei Flügen und zwei mal Umsteigen. Delhi – Riad (Vereinigte Emirate) – Istanbul – München.
Es klappte alles und ich war froh im Flieger zu sitzen, der etwas verspätet abflog. Unser Flug kam einigermaßen pünktlich an. Aber es war bereits spät am Abend (nach 23 Uhr) und unser Anschlussflug war um sechs Stunden verspätet. Im Flugzeug von Delhi nach Riad hatte ich eine junge Dame angesprochen, die ich beim Aussteigen wieder traf. Ich nenne sie nachfolgend R.. R. hatte den gleichen Anschlussflug und wir taten uns einfach zusammen, um die Zeit zu überbrücken, abwechselnd zu schlafen und aufeinander aufzupassen. Für meine Essstörung hatte dieses „Team-Building“ den Nachteil, dass mir am Flughafen nicht „die Kante“ geben konnte, wie ich es alleine vielleicht getan hätte um den Reisestress loszuwerden. Wie bereits am Flughafen von Delhi wird in Riad deutlich, dass meine Essstörung sofort zur Stelle ist, sobald mentaler und emotionaler Stress in mir entsteht. Das Muster ist immer das Gleiche. Bevor ich mich um die emotionale Baustelle kümmern kann dient mir ein Ess-Brech-Anfall dazu, meinen inneren Anspannungspegel soweit zu senken, dass ich wieder klar denken kann. Auch wenn die Absicht hinter einem derartigen Ess-Brech-Anfall prinzipiell gut ist und die ersehnte Wirkung in den meisten Fällen erreicht wird, sind die Folgen meines Suchtverhaltens katastrophal für mich persönlich und menschlich. Sicherlich verdanke ich mindestens die Hälfte meiner Tabu-Themen der Essstörung. Intuitiv entschied ich mich dafür meine Zeit mit R. zu verbringen.
Für mich persönlich war die Begegnung mit R. sehr bereichernd und komfortabel, denn wir hatten ein gutes Gespräch und verstanden uns sehr gut. Außerdem konnte ich mich für ein, zwei Stunden in Ruhe hinlegen ohne mir allzu große Sorgen um mein Gepäck zu machen. Mein Kontrollzwang ließ mich jedoch nicht schlafen und so kontrollierte ich regelmäßig, ob meine Taschen noch da waren. Aber ich war todmüde. Wir suchten uns einen guten Platz und konnte trotzdem ein bisschen relaxen. Ich glaube, sie und ich waren die einzigen europäischen Frauen im Flug von Delhi nach Riad. R. kam ursprünglich aus Rumänien und lebte jetzt in Barcelona, wo sie als Online-Coach gerade ihr Business aufbaute.

Komm wir schaffen das!

Ich bangte um meinen Anschlussflug in Istanbul, denn so viel Puffer hatte ich dort nicht zur Verfügung. Aber es schien insgesamt viele Schwierigkeiten bei Pegasus Airlines zu geben, mit der ich sowohl von Riad nach Istanbul als auch von Istanbul nach München fliegen würde. In Riad hieß es, dass mein Anschlussflug in Istanbul auch verspätet war, um mehrere Stunden. Also hoffte ich auf einen knappen Transfer. Aber ich verpasste ihn schließlich, um 10 Minuten, denn das Gate war bereits geschlossen worden.
So, damit stand ich in Istanbul. Gemeinsam mit vielen anderen Menschen, die ihre Anschlussflüge mit Pegasus Airlines verpasst hatten.
Auch R. hatte ihren Flug nach Barcelona verpasst und weil wir jetzt beide getrennt Alternativen für unsere Rückreise suchen mussten, verloren wir uns aus den Augen.

Erfahre bald in Beitrag #11, wie meine Rückreise weiterging.

Die andere Tür … hat viele Gesichter

1. Foto von Dima Pechurin auf Unsplash, 2. Foto von Kamil Feczko auf Unsplash, 3. Foto von Ramy Kabalan auf Unsplash, 4. Foto von Hans Eiskonen auf Unsplash

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