TABU-BLOG – Beitrag #8
TABU-Tagebuch Indien
Willkommen zu #8 des TABU-Tagebuchs zu meiner Indien-Reise
In Beitrag #7 habe ich berichtet, wie 10 Tage Meditations-Retreat auf einmal zu Ende gingen und was sich daraus für mich ergeben hat. Solltest du Beitrag #1 bis #7 nicht gelesen haben, empfehle ich dir das noch zu machen, bevor du diesen Blog-Beitrag liest.
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Falls du mich und meine TABU-Themen noch nicht kennst, empfehle ich dir hier und hier nachzulesen, bevor du diesen Blog-Beitrag liest.
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Tabu-Tagebuch Indien #8
Tagebuch zur Reise von München nach Delhi & Jaipur
Reiseziel: 10-Tages Vipassana Meditations-Retreat
Fazit Beitrag #8: Was kannst du hier für dich lernen?
1. Viele von uns haben oft Schuldgefühle gegenüber anderen Menschen:
Aber machen wir uns einmal klar, dass wir weder Schuld an der Situation anderer tragen
noch können wir deren Situation mit unseren Schuldgefühlen ändern oder verbessern. Jeder Mensch ist für sein Leben selbst verantwortlich. Ob der Fahrer der Fahrrad-Rikscha zu wenig Geld besitzt oder einen ungerecht harten Job hat, weiß ich erstens nicht, noch trage ich die Verantwortung dafür. Warum soll ich ich dafür schuldig fühlen, nur weil ich annehme mehr Geld als er zur Verfügung zu haben und weil ich keinen derart körperlich anstrengend Job mache.
2. Es gibt Gelegenheiten, da macht uns jemand ein tolles Angebot, aber uns geht es körperlich oder psychisch nicht gut. Dann sagen wir ab und fühlen uns schlecht deswegen. Warum eigentlich?
Denn, wir können sicher sein, dass die anbietende Person sich auch ohne uns gut beschäftigen kann und sich eine gute Zeit macht. Wir haben Angst die andere Person mit unserer Absage zu enttäuschen.
Aber mal ehrlich, jemand, der/die kein Verständnis dafür hat, dass wir ein Angebot ablehnen oder ein Treffen absagen weil es uns nicht gut geht, ist sicherlich nicht der beste Kontakt für uns.
Beitrag #8 – Tag 11 – 2.1.2023: Von der Stille in den urbanen Trubel
Die Fahrt nach Delhi dauerte insgesamt ungefähr 4 Stunden. Auf der ganzen Fahrt habe ich mich super mit N. unterhalten. Wir saßen auf der Rückbank. Ihre Mutter und der Fahrer unterhielten sich auch ab und zu. Der Fahrer war sehr nett und N. und ihre Mutter buchten ihn bereits seit Jahren. Sie hatten sich hier in Delhi ein ganzes Netzwerk aus Menschen aufgebaut, denen sie vertrauten und die sie für solche Anlässe buchten, wie zum Beispiel sie von Jaipur nach Delhi zu bringen, wo sie ihre Wohnung hatten. Meine AirBnB-Unterkunft, lag direkt in der Innenstadt von Delhi. Nicht weit weg von einem Verkehrsknotenpunkt, zu dem sie mich brachten. Sie riefen mir sogar einen TukTuk-Fahrer, der mich für 200 Rupien zu meiner Unterkunft bringen sollte. Er kannte die Adresse und es half mir sehr, dass sie ihn mir gerufen hatten, da ich sonst gar nicht gewusst hätte, wie ich es hätte anstellen sollen. Aber das ist wahrscheinlich auch wieder meine geringes Selbstwertgefühl, dass ich es mir nicht zutraue einen seriösen TukTuk-Fahrer zu finden, der mich zu meiner Unterkunft bringt.
Vor allem in fremden Ländern habe ich Probleme mit dem Engagieren von Fahrern. Etwas das ich noch üben könnte. In ärmeren Ländern kommt noch hinzu, dass ich immer denke, viele Menschen wollen mich übers Ohr hauen, und deswegen sage ich öfter Nein als Ja zu Angeboten, vor allem wenn sie von Männern kommen, weil ich auch nicht weiß, ob ich sicher mit diesem Menschen bin. Und wenn ich das Land und die Menschen noch nicht so gut kenne, bin ich eher reserviert und vorsichtig unterwegs.
Also für 200 Rupien brachte mich der Fahrer Bleibe. Vielleicht wäre ich schneller dort gewesen und es wäre einfacher gewesen, zu Fuß zu gehen, denn der Verkehr war so stockend, dass wir kaum vorwärts kamen. Zudem fühlte ich mich schlecht, weil es gar kein motorisiertes TukTuk war. Ich saß auf einem Gestell, das der Fahrer mit Pedalen vorwärts bewegte, einer Art Menschen-Fahrrad-Kutsche, ohne Motor, ohne Treibstoff. Es war also ein sehr, sehr schweres Unterfangen für ihn zu treten. Natürlich schien er geübt zu sein, aber es war dennoch ein Knochenjob und ich fühlte mich so schlecht, als „weiße Haut“ aus „dem Westen“ (was man mir sicherlich ansah), aus einem wohlhabenden Land hinten drauf zu sitzen, mit meinen zwei kleinen Gepäckstücken, die ein Rucksack und eine Tragetasche waren, und ihn treten zu lassen. Das Gestell war kein Lastenrad mit einer guten Übersetzung, es war einfach ein Fahrrad mit Anhänger, wie soll ich sagen, vielleicht vergleichbar mit den allerersten Lastenrädern, die wir mal hatten und die noch schwer zu treten waren.
Nun ja, einmal und nie wieder, habe ich mir gedacht, weil es hat mir sehr Leid getan, die ganze Fahrt, und sie zog sich ja lange genug hin. Auch wenn wir uns ab und zu mal zwischen den Autos durchschlängeln konnten, der Verkehr war wirklich grauenhaft. Wir kamen einfach nicht vorwärts. Aber ob ich den Weg zu Fuß gefunden hätte, weiß ich nicht. Denn, auf der Karte und in google maps sieht immer alles so einfach und nah aus. WIFI hatte ich natürlich auch keins. Ich hätte einfach nach dem Weg gefragt, so wie ich es meistens mache, wenn ich das Gefühl habe, irgendwie aufgeschmissen zu sein. Hätte ich gewusst, dass der Fahrer so hart treten muss, um mich zu meiner Unterkunft zu befördern, wäre ich wahrscheinlich zu Fuß gegangen. In Jaipur waren mir diese Art „Menschen“-TukTuks nicht aufgefallen, sondern es waren echte TukTuk-Fahrzeuge mit Motor und Treibstoff gewesen.
Die letzte Bleibe in Delhi
Irgendwann kamen wir an meiner Unterkunft an. Der Fahrer ließ ich an der Hauptstraße aussteigen, meine Unterkunft lag in einer Seitengasse. Ich musste mich doch noch durchfragen. Aber dort war irgendwie alles ganz nett. Der Besitzer des „Hotels“ gab mir ein paar Tipps. Man fragte mich, ob ich mich wohlfühle, ob ich noch was brauche und zunächst war ich einfach versorgt. Aber es war kühl im Zimmer. In Delhi hatte es nur 14 Grad und es war sehr, sehr neblig und wahrscheinlich auch bewölkt, denn die Sonne kam überhaupt nicht durch. Dies sei typisch für Delhi, denn im Winter ist es immer bewölkt und es ist sogar sehr neblig und es ist sogar so neblig, dass deswegen auch Züge verspätet sind oder ausfallen. Das hatte mir N. auf unserer Rückfahrt erzählt. Und deswegen war der Zug, den ich ursprünglich nach Jaipur nehmen wollte, auch vier Stunden verspätet.
Als ich mich im Zimmer mit dem WIFI verband, sah ich, dass mir doch noch eine der Helferinnen aus dem Retreat geschrieben hatte und ob wir uns nicht verabreden möchten. Sie könne mir ein paar Sachen zeigen, damit ich dann einfach Delhi besser kennenlerne. Aber ich hatte solche Kopfschmerzen bzw. Migräne von der ganzen Reise und Aufregung. Und natürlich hatte ich auch Angst, dass es dann zu spät wird, um meine Essstörung wieder vollständig zu aktivieren und aus dem Dämmerschlaf zu holen. Deswegen sagte ich ihr ab. Mir ging es nicht gut genug um jetzt noch in Delhi herumzufahren und noch mehr Eindrücke aufzunehmen. Ich war voll von Eindrücken, von denen ich kaum wusste, wohin damit. Für eine Stadtführung wäre ich gar nicht aufnahmefähig gewesen, für die ganzen Infos, die sie mir natürlich gerne mitgeteilt hätte. Ich wäre nicht aufnahmefähig gewesen für die ganzen Orte und ich hätte innerlich wahrscheinlich nur abgewartet, bis die Tour dann zu Ende ist. Das wäre unfair gewesen. Ich hätte mich nicht auf sie einlassen können. Ich fand es super nett und das war auch eine, mit der ich es gerne gemacht hätte, aber ich war einfach zu erschöpft. Ich wollte mich lieber erholen und für mich sein (die Essstörung machte mann dann ihr Programm daraus). Und meine Gier war natürlich bereits während der Rückfahrt im Auto mit N. immer größer geworden, weil ich ständig auf die Uhr sah und mir ausrechnete, wie viel Zeit mir noch bleiben würde, um in Delhi einkaufen zu gehen und meine Essstörung auszuleben. Und so verhält es sich jeden Tag in meinem Leben: Der Morgen beginnt mit einem Spannungsbogen, der ab Mittag kritisch wird und dann am späten Nachmittag seinen Peak erreicht, bis er abends über der Toilette wieder gegen 0 geht. Im Grunde wie die Sonne, die auf- und untergeht.
Nur, dass ich mich abends nach mehreren Ess-Brech-Anfällen so fühle, als könne ich am nächsten morgen nicht wieder aufstehen.
Erfahre bald in Beitrag #9, was an meinem Abreisetag noch alles auf mich zukam.
Last Exit Sunset – Der letzte Sonnenuntergang
1. Foto von Kym MacKinnon auf Unsplash, 2. Foto von Russ McCabe auf Unsplash